Zur Zeit gehe ich ja eher die Warmduscher-Varianten der Etappen aus dem Führer, denn alle anderen Salzburg-Triest-BegleiterInnen sind mir augenscheinlich endgültig abhanden gekommen (auch wenn es zu einigen weiterhin netten Kontakt gab/gibt) und neue taten sich (seit Jutta und Lena in der Goldberggruppe) nicht (mehr) auf.
Nachdem der morgendliche Abstieg zum Dom v Tamarju ab dem Übergang La Porticina nach dem Rifugio Zacchi solo nicht empfohlen wird, war ich am Vortag ja zur Tamarhütte durch das Planica-Tal aufgestiegen und hatte praktisch in der Hälfte der Folge-Etappe genächtigt.
Eigentlich sollte laut Wetterbericht zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens Regen kommen und der Tag dann trocken werden, aber nachdem es draußen trocken ist und auch gerade nicht nach Regen aussieht, ist da wohl etwas durcheinander geraten.
Mein Plan für heute sieht eigentlich die zweite Original-Etappen-Hälfte ab dem Dom v Tamarju vor und dann noch eine sowieso nur Halbtages-Etappe auf der Umgehung von schwieriger Etappe nach Trenta hinunter (AAT- und Via Alpina-Route).
Problem, das sich bereits am Vorabend andeutet: Unterkunft in Trenta fraglich - alles ausgebucht :-(
Aber erstmal losgehen und aus dem Talkessel durch ein enges Bachtal für's Erste Höhe gewinnen:
Na, da möchte ich bei Starkregen auch nicht entlang müssen.
Nach Verlassen des Bachbetts in einer Kehre wird der Weg lieblicher, aber daß der Winter hier hart ist (bis zu zwei Meter Schnee und bis zu -30°, laut Wirt, der seit neun Jahren das ganze Jahr in der Tamar-Hütte lebt: November bis Februar komplett ohne Sonne übrigens), meine ich auch an der Form der Bäume im unteren Bereich erkennen zu können:
Waren am Vorabend noch etliche Leute auf der Hütte, waren morgens um 07:00 Uhr meine beiden Stiefel die einzig einsam und allein verbliebenen Schuhe und alles finster.
Nachdem ich den Chef irgendwann in der Küche aus- und auf mich aufmerksam gemacht hatte, bekomme ich Frühstück (inkl. leckerem Haus-Kräutertee) und erfahre, daß alle anderen wohl längst los seien, da sechs Stunden Aufstiegszeit bis zum Gipfel anstünden.
Mir dünkt, es könnte sich um jenes Ziel in der nahen Ferne handeln:
Nichts für mich. Ich bleibe lieber am Boden der Weitwander-Tatsachen und amüsiere mich zwischendrin über die hellblaue Brillenmode:
Oder auch Alligator im Hochgebirge:
Kurz danach treffe ich noch diesen Gesellen, der wohl den gleichen Wetterbericht wie ich konsumiert hatte und nun ganz schön auf dem Trockenen sitzt:
Aber am Vršič-Pass nach Süden blickend, dünkt mir, daß der Alpensalamander von vorhin möglicherweise gar nicht mehr so lange auf das für ihn angenehme Naß warten braucht...
Der Paß (übrigens nur unspektakuläre 1.611 Meter hoch) ist extrem international, wenn man auf die Kennzeichen schaut: Belgier, Deutsche, Franzosen, Kroaten, Niederländer, Slowenen, Polen, Schweizer, Spanier, Ukrainer.
Und mittendrin (statt nur dabei): Schafe.
Ein Stück muß ich nach Süden bergab der Straße folgen, aber dann zweigt die AAT-Route bereits wieder ab in den ruhigen Wald:
Dort ereilt mich denn auch der Regen zwischendrin und Phoebe (ausgesprochen wie eine mittelfränkische Geocacherin: [Phiby]) und Sack aus England kommen mir entgegen, die den Alpe-Adria-Trail gen Norden gehen.
Das Wetter beruhigt sich schon bald wieder und so bleibt es auch diesmal bei ein Mal Anorak/Regenhose an und dann wieder aus:
Derartige Bachquerungen bleiben aber ob der Nässe glitschig:
Ich fühle mich hier schon ein wenig wie im Ziel-Spurt, denn um's Eck müßte gleich eine (kleine) Alpenvereinshütte auf 886 Metern über der Adria kommen, die ca. 1,5 Gehstunden vor Trenta liegt, was am Folgetag aber zum Aufwärmen gut anhängbar sein sollte.
Mmmh, das nennt man wohl "die Rechnung ohne den Wirt gemacht" - im wahrsten Sinne des Wortes:
Das sieht gerade weniger nach Unterkunft aus :-(
Also erstmal weiter gen Trenta...
Kurz vor dem Ort, probiere ich nochmal die Telefonnummern von Unterkünften durch, wo ich am Vortag niemanden an den Apparat bekommen hatte. Bei der zweiten Nummer eines Biohofes hört heute jemand, allerdings ist die Antwort (erneut in bestem Deutsch) abschlägig. Als ich nachhake, ob er vielleicht noch irgendeinen Tipp für mich habe, kommt zuerst die Rückfrage, wo ich den sei.
Als ich antworte "kurz vor Trenta", kommt die Ansage: "komme in die Nationalpark-Information in Trenta und wir finden eine Lösung".
Ok, manchmal muß man vielleicht einfach ein wenig Gott-Vertrauen haben.
Also in einem auf und ab rechts des Flußes entlang.
Ab und an die Gumpen bewundern (ans Baden kann ich gerade mangels Unterkunft und ggf. Dusche von oben nicht sonderlich denken):
Weiter über schwingende (vertikal) Hängebrücke, wo Schwingen (horizontal) verboten ist:
Plan B (4:50 Stunden mit ca. 1.500 Hm Aufstieg) zur nächsten Hütte sieht bei Blick in die zugehörige Richtung und dem Lauschen des Donners gerade wenig attraktiv aus:
Der junge Mann in der Nationalpark-Information stellt im Computer schnell fest, daß der Ort ausgebucht ist. Er ist skeptisch, führt aber ein paar Telefonate und meint, ich solle jetzt mal warten. Es komme jemand...
15 Minuten später kommt der Herr, den ich vorher am Telefon hatte. Nachdem er mich interviewt hat, verschwindet er gen Toiletten. - Vielleicht muß er ein dringendes Geschäft erledigen ?
Nach einer ganzen Weile kommt er wieder. Mit der Lösung.
Das kenne ich: Auf dem Klo habe ich auch immer die besten Einfälle :-)
Er nimmt mich mit - gen Toiletten, an diesen vorbei und zum Hinterausgang raus. Wir gehen um das Haus herum und durch einen anderen Hintereingang wieder hinein und dann lerne ich, daß die legendäre Area 51 in Slowenien eine verwandte hat:
Heureka: Das inoffizielle Notunterkunftszimmer. Von der fehlenden Dusche (aber das ist auf den Berghütten im wasserarmen Karst auch nicht anders) abgesehen, habe ich quasi ein Luxuszimmer mit eigener Toilette einen Stock tiefer, WLAN, Pizzeria nebenan und Tante-Emma-Laden gegenüber sowie das wichtigste: Ein Dach über dem Kopf.
Merke:
1. Beim Weitwandern einerseits nie naiv/unvorbereitet losziehen, aber andererseits auch nie die Hoffnung aufgeben, es hat sich schon so oft bewiesen: The trail provides !
2. Die Slowenen sind super (viele Geschichten dazu lassen sich beispielsweise bei der 20-tägigen E6-Wanderung durch Slowenien von Gert&Co nachlesen - der Schnaps blieb mir bisher - Gott sei Dank - erspart). Und super hilfsbereit und gastfreundlich (da könnte sich so mancher Österreicher hier am ersten Teil des Weges nicht nur eine, sondern die eine und andere Scheibe abschneiden !).
Blick beim Abendessen auf das Nationalpark-Mehrzwecks-Haus (ärztliche Sprechstunde gibt es dort z.B. auch) und den alpinen Hintergrund:
Begegnungen:
- 1 Gämse
- 1 Gämse
- 3 Gämsen (2 groß/1 klein)
- 3 Gämsen (2 groß/1 klein)
- 1 Alpensalamander
- Phoebe (London) + Sack (Bristol) auf dem Alpe-Adria-Trail gen Norden unterwegs