Nachdem ich an Tag 16 endgültig festgestellt hatte, daß ich zwei Tage VOR meinem (eigentlich) ambitionierten Zeitplan liege, beginnt nun das von langer Hand seither angedachte Trödeln: Statt heute über den Hauptalpenkamm bis ins Tal nach Hollersbach zu gehen, werde ich nur bis zu Fürths höchstem Haus gehen.
Statt zwei Tagesetappen bis in die Kitzbühler Alpen werde ich somit einfach drei kürzere gehen.
Zuerst geht es einige Meter taleinwärts, wo ich am Vortag herkam und dann scharf rechts weg gen Norden...
Den Aufstieg und die gesamte Etappe kenne ich schon, da sie Teil meiner Zentralalpenwegs-Begehung (WWW02) ist, als ich hier den Großvenediger-Gletscher im Norden umgangen bin (Tag 45/2017).
Allerdings ist die Wegfindung im unteren Teil diesmal auch ohne GPS gar kein Problem: Der Pfad ist großzügig freigemäht und der Ausgang aus der Weide nicht zu übersehen.
Schnell gewinne ich (auch dreibeinig) an Höhe und immer wieder geht der Blick gen Venediger-Gletscher:
Unterwegs liefere ich mir ein "Frog-Shifting" (immer wieder gegenseitig aneinander vorbei gehen) mit einer Familie aus Tirol, die heute - der Hitze im Tal entfliehend - eine Rundtour über die Abzweigung am Zeigerpalfen unternimmt, wo sich unsere Wege dann endgültig trennen werden.
Kurz vor dem Übergang nochmal ein Blick zurück und dann ist das Sandebentörl auf 2.751 Metern auch schon erreicht:
Ich verabschiede mich von Osttirol und schreite über die Grenze ins Salzburger Land.
Dort werde ich gleich mit einer Felswüste begrüßt:
Dieses unangenehm zu gehende Stück mit Blockwerk ist mir noch in - nicht gerade bester, aber bleibender - Erinnerung.
Irgendwie ist es dieses Jahr aber gar nicht so schlimm und liegt nach gut 30 Minuten bereits hinter mir.
Werde ich etwa bereits altersmilde ?
Nach der Entfernungs-technisch kürzesten und zeitlich mit 4,75 Stunden Gehzeit genauso kurzen Etappe wie zur Bonn-Matreier-Hütte zwei Tage zuvor, erreiche ich schon bald die Neue Fürther Hütte oberhalb des Kratzenbergsees.
Ich kann schon mal in das lange Tal hinaus gen Hollersbach blicken, was ich am nächsten Tag hinaus gehen werde (2017 war ich stattdessen über den 3.000er Larmkogel und die Neue Thüringer Hütte dort das Tal hinaus spaziert: Tag 46/2017). Am Horizont ist übrigens der Wilde Kaiser zu sehen.
Die Fürther Hütte hat gerade ein akutes Problem: Es gibt kein Trinkwasser und kein Brauchwasser (für Toiletten und zum Waschen), da die Quelle nahezu versiegt ist. Das sind wohl die Folgen des schneearmen Winters und der aktuellen Dürreperiode.
Glücklicherweise verfügt die Hütte noch über ein klassisches Plumpsklo neben der Materialseilbahn und zum Zähneputzen schickt uns Roland, der Wirt, abends hinunter zum See. Die Abgehärteten waren da längst auch zur Ganzkörperwäsche zwecks Kältebeckentauchbad - ohne Sauna und bei den aktuellen Windverhältnissen ist das eher nichts für mich Weichei, ich beschäftige mich am Nachmittag lieber mit kulinarischen Köstlichkeiten und interkultureller Unterhaltung (inkl. Dialektaustausch und hochdeutsche Erklärungsversuche) in der bunt zusammengewürfelten Gästeschar.
Abends erfahre ich dann auch noch jede Menge interessante Aspekte zum Thema Hüttentechnik und mögliche Veränderungen auf der Hütte (Wasser-/ Stromversorgung, Brandschutz, Materialseilbahn, ...) von Bernhard, dem technisch für die Fürther Hütten (sie haben neben der Neuen Fürther noch eine Selbstversorgerhütte in der Nähe von Streitberg in der Fränkischen) Zuständigen. Sehr spannend !
Danke Bernhard für die fachkundigen Erläuterungen und ich drücke Euch die Daumen, daß das mit Nationalparkverwaltung, örtlichem Amtsschimmel und riesigem finanziellem Aufwand alles irgendwie klappt (nach dem Investionsstau mit dem Vorgängerwirt und den aktuellen (Zusatz-)Herausforderungen) !
Roland, der Hüttenwirt, ist dann auch noch mein Held:
1. Er leiht mir seinen "goldenen Wanderstecken" für den Abstieg am nächsten Tag.
2. Das Hirschgulasch, als Hauptgericht bei der Halbpension, ist echt klasse und daß unsereins als Nachschlag noch eine weitere komplette Portion bekommt, läßt die Energiereserven praktisch fast für den gesamten weiteren Weg bis Salzburg auffüllen.
Daß es dann auch noch eine Dessert-Portion seines legendären Kaiserschmarrns gibt, rundet den perfekten Hüttenaufenthalt ab.
Vielen Dank, Roland (der Stock wird natürlich vereinbarungsgemäß am nächsten Tag in der Materialseilbahn platziert worden sein) !
Gipfel/Übergänge:
- Zeigerpalfen (2.506m)
- Sandebentörl (2.751m)
- Neue Fürther Hütte (2.201m)
Begegnungen:
- Familie aus Tirol
- 1 Murmeltier
- auf der Neuen Fürther Hütte:
+ Matthias aus der Oberpfalz
+ in Oberbayern lebende Niederbayerin
+ in Hamburg lebende Iranerin
+ Fitness-Trainerin aus St. Johann/Tirol
+ Roland, der Hüttenwirt
+ Bernhard, der für Technik/Baumaßnahmen Zuständige des DAV Fürth
+ Gruppe aus Bonn
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