Beim Frühstück lerne ich Gerhard aus Mariazell kennen: Seit zwei Tagen von Wien mit dem Rad unterwegs und will heute noch bis nach Vorarlberg kommen: Three Peaks Bike Race.
Nachdem ich am Vortag rekordverdächtig spät (09:20 Uhr) los kam, heute mal (für Tal-Verhältnisse) früh: Bereits um 08:00 Uhr geht es los und erstmal gen Nordwesten über einen Pfad laut GPS, um wieder auf den SdP-Trail zu kommen.
Dann geht es abseits der Skipiste auf einem netten Pfad bergauf.
An der Abzweigung zur "Galleria" muß ich nicht mehr überlegen: Helm habe ich nicht dabei (Stirnlampe wäre an Bord) und zum Ausleihen am Paß wäre es wohl noch zu früh gewesen: Fast einen Kilometer führt hier der ziemlich einzigartige Kriegsstollen bergauf zum Gipfel, den man begehen kann und der bei Schlechtwetter sogar (weil geschützt) empfohlen wird.
Mal davon abgesehen, daß ich aber gar nicht zum (kleinen) Lagazuoi-Gipfel muß, habe ich auch keine Lust in der Bildzeitung (oder italienischen Schmier-Gazetten) zu landen unter dem Titel "Adipöser, ungelenker deutscher Tourist verstopft Wahrzeichen" - schließlich ist im Führer von nichts für Platzangst die Rede und ich mit meinem Hinkelstein am Rücken...
Also an der Abzweigung rechts ab und an den Resten der Gebäude auf dem Martini-Felsband vorbei weiter bergauf.
Relativ schnell ist dann der Übergang auf 2.507 Metern erreicht.
Hier verlasse ich nun (endgültig) den Sentiero della Pace (SdP: Friedensweg), der nun geradewegs gen Osten geht, während ich mich erstmal gen Westen zum nächsten Übergang (Forcella Lagazuoi) orientiere.
Gen Norden steige ich in ein Hochtal ab und suche immer den "Ausweg" zwischen den Felsen, den mein Weg über die nächste Scharte nehmen muß.
Und hier ist er schon, der Durchschlupf:
Nur die verlorenen Höhenmeter gilt es nun wieder "gut zu machen".
Aber der Weg ist ein Traum: Dermaßen gut gebaut, mit schön gleichmäßiger, mäßiger Steigung. Das ist der schönste und schnellste Anstieg meiner bisherigen Tour würde ich sagen:
Im oberen Bereich haben die Experten aufwendigere Befestigungen verbaut, aber der lustwandelnde Charakter des Wegs bleibt erhalten:
An der Forcella dl Lech (2.486m) ist dann die Hölle los: Alle von beiden Seiten Aufgestiegenen machen hier erstmal Pause:
Was auffällig ist - insbesondere zu den ganzen Tagen seit dem E5: SEHR viele Leute mit Mehrtagestourenrucksäcken und sehr internationales Publikum (beispielsweise Franzosen und insbesondere Nordamerikaner).
Für mich geht es nun gen Norden in das Fanes-Tal hinab:
Zuvor noch ein allerletzter Blick gen Marmolada:
Mittlerweile bin ich übrigens auf dem Dolomiten-Höhenweg 1 (auch wenn nach 50 Jahren die Farbe schon ein wenig ab ist):
Zufälligerweise gibt es also nicht nur 10 Weitwanderwege (WWW01 - WWW10) in Österreich, sondern ebenso viele Dolomitenhöhenwege.
Die sind aber natürlich deutlich kürzer (führen ja "nur" durch die Dolomiten), aber teilweise deutlich anspruchsvoller: Augenscheinlich gibt es keinen, der nicht mindestens einen Klettersteig enthält.
Mein langer Weg durch den Talgrund gen Norden für den Rest des Tages erinnert mich ein wenig an das Wimbachgries am Watzmann.
Allerdings ist es hier ein helles, weites Tal und jede Menge Abwechslung geboten.
Und jede Menge Hütten am Weg hat es auch.
Nachdem ich zwischenzeitlich nach Südtirol einmarschiert bin und die Sprachgrenze somit überwunden ist, fallen Ad-hoc-Bestellungen am Weg viel einfacher und auch die Farbe der Getränke nähert sich schon dem blutroten Soll innerhalb kürzester Zeit an.
16 Tage bis zur ersten Art von Johannisbeer-Schorle:
Daß Italien (wie auch Franken) ein Wasserproblem hat, sieht man aller Orten, aber daß selbst hier auf dem Berg Mitte JULI diesem See augenscheinlich SIEBEN Meter an Wasser fehlen: Wahnsinn !
Viel ist nicht mehr über, wahrscheinlich trocknet der See komplett aus.
Über einige Geländestufen geht es über Schotter in angenehmem Gefälle bergab.
Noch ein Blick zurück:
Dann erreiche ich am Nachmittag auch schon den Gasthof Pederü, wo Straße aus dem Tal auf gut 1.600 Metern endet und auch reger Busverkehr herrscht:
Hier komme ich für die Nacht im Lager unter, um morgen dann gleich wieder rechts den Berg hoch (gen Osten) zu gehen.
Gestern wurde mir ja schon vorgeworfen, ich habe mich wohl verlaufen. Nun, wenn dann aber irgendwie zu meinen Gunsten. Oder sollte ich mich verrechnet haben ? - Nein, auch unwahrscheinlich.
Was ist passiert: Nun, am Rif. Pederü (was auch im großen Etappenplan der Mafia von jeher als Unterkunft vorgesehen war) bin ich zwei Tage zu früh.
Und das, obwohl der Plan SEHR optimistisch auf reine Etappen-Längen zurecht geschnitten war und zwischendrin nicht auf Unterkünfte Rücksicht nahm.
Wenn es weiter so läuft, werde ich wohl spätestens in Tirol mich etwas bremsen (habe sogar schon Ideen wo, was sogar Begleit-Optionen für Daheimgebliebene ermöglichen würde...), um nicht vor dem oberfränkischen Versorgungskonvoi (2 Autos und 6 Personen für meine Wünsche notwendig, wie man hört) schon durch zu sein.
Aber bis dahin kann noch viel passieren, ist ja nur ein temporärer Zwischenstand...
Gipfel/Übergänge:
- Forcella Travenanzes (2.507m)
- Forcella Lagazuoi (2.573m)
- Forcella dl Lech (2.486m)
Begegnungen:
- Gerhard beim Frühstück, Extrem-Radler Wien-Nizza (am Vortag 13 Stunden im Sattel und knapp 300 km über die Berge geradelt)
Aaah - der Dolomiten-Höhenweg Nr.1 - wie schön. Dort waren wir vor 4 Jahren! Viel Spaß weiterhin
AntwortenLöschenZähle ich nun auch als Extrem-Radler? Letzten Sonntag 307 km in knapp 13h für den Azov Fahrradclub von Mariupol von München um den Chiemsee gefahren, allerdings nur knapp 2300 Höhenmeter (angegeben waren 2700).
AntwortenLöschenMit Pausen waren es dann fast 17,5 Stunden, die 27-28°C nachmittags waren schon anstrengend. Die letzten 40 km von Holzkirchen nach München ging es dann auf schmalen geteerten Wegen bei 15°C durch den Wald.
LöschenIch glaube, das nennt man nicht mehr "extrem", sondern "verruckt" (wie die Tiroler sagen würden).
LöschenDieses 3-Pässe-Event könnte dann wohl auch was für Dich sein...