Donnerstag, 28. Juli 2022

Tag 29: Tausche Hinkelstein gegen Jetpack

St. Ulrich/Pillersee (Weißleiten) - Lofer
(18,4 km - 1.320 Hm auf - 1.610 Hm ab)

Nach vier Wochen sahen nahezu sämtliche Klamotten am Nachmittag des Vortags mal wieder eine Waschmaschine (von innen): Hat schon was, so eine porentiefe Grundreinigung.

Ein Vorteil, wenn man so kurze Etappen hat und wenn die Pernsionswirtin so entgegen kommend ist. Und dabei hatte ich gar keine mafiösen Angebote gemacht... ;-)

Da ich für heute Morgen sowie auch für den Abend einen Fahrdienst habe und nochmal am selben Ort nächtigen werde, kann beim Rucksackwechsel von großem schwarz-grauen Hinkelstein auf mittelgroßen roten Flitzer heute das meiste auch nochmal im Zimmer zurück bleiben.

Für den Notfall packe ich nur den Hüttenschlafsack ein (man weiß ja nie). Damit ich nicht wie ein Heliumballon - ob des ungewohnt leichten Päckchens auf dem Buckel - davon fliege, habe ich mal drei Liter Wasser eingepackt, um zumindest annähernd zehn Kilo Gepäck zu erreichen.

Der Parkplatz am Wald ist heute deutlich voller als am Nachmittag des Vortags und auffällig sind all die einheimischen Kennzeichen. Naja, es ist heute halt auch Sonntag...

Durch den Wald und im Schatten steige und starte ich bergauf.

Noch längere Zeit (nämlich fast bis zur Abzweigung auf ca. 1.900 Metern) bleibe ich heute im Schatten, da auch oberhalb der Baumgrenze die hohen/steilen Loferer Steinberge Schatten spenden.

Zwischen 10:00 und 11:00 Uhr kommen mir fünf Partien an Einheimischen entgegen: Sie sind teils mitten in der Nacht gestartet, beim Sonnenaufgang über Gipfel, durch Klettersteige und nun wieder auf dem Weg ins Tal, bevor es warm wird.

Ein Blick zurück auf den bisherigen Aufstiegsweg an der linken Talseite, das Pillerseehochtal und die Buchensteinwand (links im Hintergrund):

Gestern (am Wildseeloder) war ich noch in den Zentralalpen (ungerade Hunderternummer) und kaum vier Stunden Fußmarsch entfernt bin ich nun in den nördlichen Kalkalpen: Ich spaziere auf einer Variante des Nordalpenwegs (01er), die Hunderterstelle ist nun natürlich gerade, es gibt (gar) kein Wasser, dafür hartes Gestein, die typischen Karrenrinnen, Dolinen und die losen Steine lassen sich schlechter Gehen.

Auch leichte Kletterei wird bereits im Aufstieg gefordert.

Links und rechts des Weges liegen immer wieder Löcher, deren Tiefe oftmals kaum zu erahnen ist:

Am Wehrgrubenjoch (2.218m) habe ich den letzten 2.000er-Übergang auf meinem Weg von Verona nach Salzburg erreicht.

Aber das dicke Ende kommt noch...

Kurz unterhalb der Scharte beginnt der gesicherte Steig in Richtung Schmidt-Zabierow-Hütte, der Dutzende Höhenmeter (Ab-)Kletterei verlangt:

Puh, da heißt es erstmal, Stöcke wegpacken, Mut-Tablette schlucken (legales Doping: Traubenzucker) und konzentrieren.

Ziemlich am Leben und nur mit leichten Kratzern, überstehe ich auch diese letzte und (im wahrsten Sinne des Wortes) härteste alpine Herausforderung der Tour:

Nur eine Frage stellt sich rückblickend: Warum mußte ich ALLE anspruchsvollen Stellen (Col di Lana, Galtenscharte, Wehrgrubenjoch) eigentlich im (schwierigeren) Abstieg gehen ? - Die T-Wertung für die Gegenrichtung ist in jedem Fall niedriger anzusetzen.

Der Hüttenabstieg ist im oberen Teil durch das Karstgeröll unangenehm zu gehen, aber das weite Tal hinaus nach Lofer kommt denn doch Schritt für Schritt näher und im Wald läßt sich der Weg dann auch gut gehen.

Die Nazis hatten hier eine Militäreinrichtung, die Amerikaner hatten diese nach dem Zweiten Weltkrieg kurz in Benutzung und die österreichische Armee wollte den Bereich den Almbauern nie ganz zurück geben, aber (außer von den Kühen) wird das aktuell augenscheinilch auch nicht wirklich genutzt.

Gen Lofer zweigt dann letztlich das letzte Stück noch ein netter Fußweg von der Fahrstraße ab, dem ich ofleg, nachdem ich endlich das "Taxi" mal erreicht und instruiert hatte.

Am Ortsrand dann noch ein Gebäude mit Putin-Isolation: Die brauchen sich definitiv keine Gedanken um Wärmeverlust, Öl- oder Gaspreise machen:  

Das alte Feuerwehrhaus in Lofer wird wahrlich kreativ genutzt, ins Schwimmbad kurz danach wäre ich auch fast abgebogen - aber die Badehose fiel auch den Einsparungen beim heutigen Packen zum Opfer.

Lange brauche ich dann auch gar nicht auf mein Privat-Taxi mit Chauffeur warten...


Gipfel/Übergänge:

- Wehrgrubenjoch (2.218m)


Begegnungen:

- 1 Blindschleiche

- 5 Partien Einheimische, die morgens schon wieder absteigen

- Eltern, Gabi/Uli, Sybille/Thomas


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