Tag 07: Auf den Hund gekommen

Caldonazzo - Compet

(17,9 km - 1.210 Hm auf - 280 Hm ab)

Bereits am Vorabend waren mir vier Hunde auf der Terrasse beim Abendessen aufgefallen: Zwei kleine Kläffer am Nebentisch und zwei richtige Hunde ein paar Tische weiter, die ob des Aufstands nicht mal mit dem Kopf zuckten (so wie Loui heute nach Fliegen geschnappt haben wird, wäre sowieso nach zwei Schnappern Ruhe gewesen). Typisch. Mal ganz davon abgesehen, daß die beiden kleinen Pseudo-Hunde nicht mal in der Lage waren, richtig zu bellen - das hörte sich eher nach Reizhusten an. Na, hoffentlich hatten die kein Corona und haben in ihrer Aufgebrachtheit nicht lauter Viren in die Luft gepustet.

Jedenfalls "blockieren" am Morgen, als ich mich gerade auf den Weg machen möchte, zwei Mädels mit den beiden richtigen Hunden an der Rezeption den Ausgang.

Ich bin tiefenentspannt, denn bezahlt hatte ich bereits vor dem Frühstück und mein Versuch, noch eine (längen-technisch Halb-)Etappe heute dran zu hängen, ist am heutigen Samstag mangels freien Betts gescheitert, so daß mir der Wirt am Standard-Etappen-Ziel in Compet reserviert hat.

Die Vierer-Gruppe mit 12 Füßen hat es da deutlich schwerer und der Wirt kämpft, sie an einem möglichen Etappenziel unterzubringen: Die eigentlich im SdP-Führer angegebene Alternativ-Unterkunft für Menschen mit vierbeinigen Begleitern hatte nämlich im Vorfeld als einzige nicht auf die Multi-Kanal-Anfragen der beiden Damen reagiert (sonst haben sie alles komplett vorreserviert für ihre erste Bergtour mit den Hunden). Wie der Wirt von dort am Telefon zu hören bekommt, nehmen sie dieses Jahr gar keine Gäste. Nun, das hätten sie ja auch auf Homepage, Facebook, Instagramm und wo sie sonst noch überall öffentlichkeitswirksam unterwegs sind, angeben können oder den Mädels zumindest auf Mails oder Messenger-Anfragen antworten können.

Letztlich frage ich höflich, ob ich mich den ersten Menschen, die auch den Friedensweg gehen, anschließen darf (auch wenn meine Etappe etwas kürzer sein wird).

So ziehen wir dann gemeinsam los.

Auch mal schön, in Gesellschaft zu wandern.

Mit zwei Hunden auf Tour fällt mir natürlich auch gleich das Weltraumaeffchen aus Wien ein.

Liebe Grüße an dieser Stelle an:

1. designierte BauARBEITER

2. avisierte BauFLÜCHTLINGE (auf zwei und vier Beinen)

Aber zurück ins Hier und Jetzt: Julia (als ehemalige Leistungssportlerin) kann augenscheinlich nicht nur 200/400 Meter, sondern auch Langstrecke in atemberaubendem Tempo, Anna geht im Anstieg etwas ruhiger, so daß ich mich mittig einreihe.

Der ungestüme (und pubertierende) Jungspund Loui ist immer ganz vorne (und verbal sowie leinentechnisch kaum zu bremsen - die Schulter ist hoffentlich NICHT gezerrt - in seiner ungarischen Jagdhund-Abstammung). Der fünf-jährige Frodo dagegen hat keine Flausen (mehr) im Kopf und ist meist hinter mir zu finden (manchmal stuppst er mir kitzelnd in die Kniekehlen).

In derartiger Reihung (und fast den ganz Tag weiter) geht es nach Durchschreitung des Tals bereits in den ersten Anstieg, neben den Weinbergen hoch nach Tenna.

Im Ort selbst verlaufen wir uns gleich mal: Wenn man sich unterhält, schaut man halt nicht dauernd auf's GPS und die Markierungen sind heute nahezu nicht existent und auch Schilder extrem extrem selten im Vergleich zu den Vortagen.

Immerhin führt der Weg nicht über diese abenteuerliche Stiege: Da hätten die anderen vier wohl sonst ohne mich weitergehen müssen:

Auf der anderen Seite des Hügel-Rückens steigen wir dann zum Lago di Levico ab, wo eine düstere Gestalt mit Hinkelstein am Buckel silouettenhaft auszumachen zu sein scheint, wie mir die Damen stecken:

Ein kleiner Zugang zum See, erlaubt es den Hunden sich zu erfrischen und nicht von den Frauchen hier in den trockenen Bergen mitzuschleppendes Wasser in unbegrenzter Menge aufzutanken.

Ab und an findet man denn doch eine (und gleich ausgefallene) Markierung - zumindest, wenn man ganz genau schaut - heute ist es übrigens alles andere als kalt ;-)

An der Abzweigung zum Forte Colle della Benne beratschlagen wir kurz, ob wir die Sackgasse mitnehmen.

Da ich heute nur 20% der Stimmen stelle (und anteilig noch viel weniger Füße auf den Boden bringe), ist die Sache schnell entschieden.

Dort pausieren wir im Schatten und als wir zurück zur Abzweigung kommen, fällt mir noch dieser Roboter- oder Ritter(-Rüstungs)-Radler auf (man beachte die Körperzusammensetzung !):

Später im Wald auf unserem Singletrail wird uns dann so einer in voller Fahrt (und Integral-Helm - von weiterer Rüstung habe ich auf die Schnelle nichts erkennen können) entgegen kommen. Gut, daß wir kein Auto sind...

Der Weg liegt zwar auf der Südseite, ob des Waldes aber überwiegend im Schatten. Nebenbei sind wir froh, daß der Weg überhaupt (wieder) existiert bzw. nach schweren Sturmschäden, Jahren des Abwartens und unklarer Prognose, ob er jemals wieder in Ordnung gebracht wird, komplett freigeräumt wurde. 

Warm ist es aber schon...

Blick zurück: Gegenüber war ich am Nachmittag davor abgestiegen:

Frodo, machen Sie eine typische Geste für Ihren aktuellen Gemütszustand !

Schließlich ist der vermeintliche Übergang auf ca. 1.250 Metern erreicht.

Laut GPS und Kartenmaterial erscheint es mir aber reichlich unsinnig, über die Straße zum Capitello abzusteigen und dann von dort wieder (steil) nach Compet hoch. 

Laut digitaler Daten nimmt der SdP eigentlich auch die Straße nach oben, um weitere gut 100 Hm auf 1,4 Kilometern anzusteigen.

Nach kurzer Pause und Beratschlagung im Schatten teilen die beiden Damen meine Einschätzung und wir gehen weiter.

Ich hatte mich kurz davor bereits als Lokomotive an den Zuganfang gespannt (kein Problem: 0,5 Kilo Wasser hatte ich vorher schon den Mädels und Hunden vermacht).

Problematisch werden für Loui und Frodo kurze Straßenabschnitte mit schwarzem Asphalt: Der ist wohl so von der Sonne aufgeheizt, daß er nur im Schatten der Leitplanke halbwegs noch begehbar ist. Gott sei Dank sind das aber nur zwei nicht all zu lange Stücke.

In Compet kehren wir im Biergarten des Hotels Aurora ein (mein bester Apfelstrudel bisher !): Erstens ist dies mein Tagesziel, zweitens brauchen Anna, Julia und die Hunde dringend weiteres Wasser und die Zweibeiner auch Stärkung und drittens gilt es für die beiden zu entscheiden, wie es nun weitergeht.

Sie haben noch weitere 300 Hm Anstieg und knapp 6 Kilometer Strecke vor sich. Und das am ersten Einstiegstag !

Respekt !!!

@Anna + Julia:

1. Ich hoffe, Ihr seid gut angekommen.

2. Ich hoffe, allen (insbesondere Frodo - Loui scheint ja nicht kaputt zu kriegen) geht es gut !

3. Ich hoffe, Ihr kamt <= 18:59 Uhr an und habt somit etwas zu Essen bekommen.

4. Danke für's Mitnehmen heute !

5. Danke nochmal für die Einladung - wäre nicht nötig gewesen, hat mich aber sehr gefreut !

6. Alles Gute für Eure weiteren Tage. Und nicht vergessen: Das "Schlimmste" ist geschafft ;-)

Ich restauriere mich erstmal, nachdem ich die beiden noch zur "Tür" gebracht habe, in meinem bombastischen Zimmer:

@Martin aus A.: Das Salat- und Käsebuffet beim Abendessen sollte Dir alleine schon die Reise wert sein.

Überhaupt kulinarisch ein besonderer Tag: Vom ersten Frühstücksbuffet der Tour, über DEN Apfelstrudel, die oben erwähnten Salat-Optionen (kalter Käse ist für mich ja Käse) bis hin zum Hirsch (ohne Polenta !).

Zwischengang vor dem Hirsch:

Daß es morgen auch noch bereits ab 07:00 Uhr Frühstück gibt und der Wirt mir umgehend nächstes Quartier reserviert hat, setzt dem gelungen Aufstieg zum Abstieg im Aurora quasi noch das Sahnehäubchen auf.

Dolce brauche ich da nun wirklich nicht mehr... 

Begegnungen:

- Anna und 5-jähriger Rüde Frodo + Julia mit 1-jährigem Rüden Loui aus Darmstadt am Start und bis zu meinem Tagesziel

- 1 Eidechse

- 1 Eidechse

- 1 Eidechse

- 2 E5-Wanderer am Ziel, die heute ihren letzten Tag für den aktuellen Wochen-Abschnitt seit Bozen haben

- Hirsch (auf dem Teller beim Abendessen)