Donnerstag, 7. Juli 2022

Tag 12: Kaliber 7.62

Passo Rolle - Passo San Pellegrino
(27,7 km - 1.230 Hm auf - 1.250 Hm ab)

Nach dem Frühstück geht es erstmal 7 Kilometer Straße bergab.

Nicht schön, aber als der Wirt mich beim Check-out auf Bus angesprochen hat, habe ich ihn wohl recht fassungslos angeschaut. So etwas ist ja mit mir, meinem Gewissen und Tine nicht zu vereinbaren (wenn ich nicht by-fair-means unterwegs wäre, bräuchte ich mich da ggf. nicht mehr blicken lassen - da wären dann mutmaßlich Löcher im Schienbein meine geringsten Sorgen ;-).

Aber nach jedem Abstieg kommt ein Aufstieg und nach jeder Straße erstmal ein Forstweg.

Wobei, mit Wald ist da gerade nicht mehr viel:

Auch hier haben Stürme vor drei Jahren gewütet. Aber der Weg ist immerhin wieder begehbar und auf ca. 1.800 Metern steht der Wald auch wieder und genau dort endet Fahrweg und ein netter Pfad beginnt.

Die Alm Malga Bocche ist dann bald erreicht und ich sehe mal Menschen !

Nachdem heute eine ordentliche Etappe ansteht (war ja gestern schon so faul), gehe ich aber gleich weiter.

Kurz nach der Alm biege ich dann wieder in die Einsamkeit ab:

Der Weg macht Spaß, ist gut markiert, ich bin mutterseelenallein und die 2.000-Meter-Marke ist längst durchbrochen.

Am Wegesrand mal wieder Relikte aus dem Ersten Weltkrieg:

Der Übergang Galleria Cortivi (2.130m) war wohl auch eine Geschützstellung - so wie das aussieht.

Allerdings mutmaßlich nie im Einsatz, da die erste Linie am Passo Rolle gehalten wurde und dies hier ja die nächste Bergkette ist.

Der Weg schlägt nun surreale Bögen und zwischenzeitlich geht noch mal richtig Höhe verloren: Das sind teilweise wohl Almpfade, was die Hinterlassenschaften von gerade nicht sichtbaren Wiederkäuern bestätigen.

In Sichtweite, aber oberhalb der Alm Malga di Juribrutto geht es dann scharf links weg und zuerst in einem traumhaften grünen Tal bergauf, bevor der Weg dann rechts den Steilhang erklimmt.

Hier begegnen mit direkt mal ein paar vereinzelte Menschen (die mir entgegen kommen).

Als der Geländeboden oberhalb erreicht ist, komme ich an diesem idyllischen See vorbei:

Aber noch habe ich eine Höhenmeter bis zum Paß und welches Wetter diese fette Kröte wohl vorhersagt ?

Nochmal ein Blick zurück:

Die Flora glänzt auch nochmal:

Aber auf der anderen Seite des Übergangs verheißen die Wolken nichts gutes: 

Prompt erwischt es mich ca. 15 Höhenmeter unterhalb des Passo Juribrutto (2.394m). Ausgerechnet JETZT kommt ein Gewitter.

Nun ist guter Rat teuer: In dem windigen Unterstand am Paß das Gewitter aussitzen oder lieber noch schnell Höhe verlieren und weitergehen ?

Ich entscheide mich für letzteres. Ich hatte bereits alles weggepackt und Regenhose (!) und Anorak angezogen.

Dann schießt sich Petrus auf mich ein: Nato-Kaliber 7,62 Millimeter sind die Hagelkörner. Wären das Stahlmantelgeschosse wäre ich zersiebt, da es sich um Eismantel handelt, tut es nur an den einzig unbedeckten Stellen (den Händen an den Stöcken) höllisch weh.

Puh, zusammen mit dem Sturm ganz schön heftig. Gott sei Dank ist das Gewitter selbst ca. zwei Kilometer entfernt und der schmale Pfad in Anbetracht der Umstände ganz gut zu gehen.

Nach einer halben Stunde läßt der Spuk zwar nach...

... aber periodisch flammt es immer mal wieder auf, so daß ich die nassen Sachen - die zwischenzeitlich in der Sonne/am Rucksack wieder trocknen sollten - denn doch wieder anziehe.

Erst am Abend stabilisiert sich das Wetter - auch wenn die Wettervorhersage WIEDER etwas ganz anderes sagt.

Mal sehen, wie es morgen wird, denn da steht noch eine heftigere Etappe an...


Gipfel/Übergänge (ab 2.000m):

- Galleria Cortivi (2.130m)

- Passo Juribrutto (2.394m)

- Col de la Palue (2.261m)


Begegnungen:

- 1 Eidechse

- 1 große Kröte


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