Ganz so viel Angst vor Gewittern wie Conny habe ich nicht, Respekt aber schon ordentlich. Und ob sich die Gewitter wirklich an den Zeitplan des Wetterberichts halten (14:00 Uhr) ist die nächste Frage.
Da für die Folgetage dann instabiles Wetter mit Niederschlägen vorher gesagt ist, will Conny gen Süden.
Von ihrer Idee, zurück ins Rauris-Tal abzusteigen, kann ich sie am Vorabend noch abbringen - es ist nämlich in der Regel gar nicht so einfach, den Alpenhauptkamm zügig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu über- oder unterwinden, da das nur an ein paar Stellen durch Tunnel oder manchmal Pässe möglich ist. Ihr Ziel sollte somit die Duisburger Hütte sein, die im Gebiet der Mölltaler Gletscherbahnen die erste Hütte auf der Südseite des Hauptalpenkamms an dieser Stelle ist.
Meine Strategie setzt ebenfalls auf frühen Start (allerdings NACH dem Frühstück), auf Pausen-Minimierung, zügiges Tempo (für meine Verhältnisse) und absolute Flexibilität, was Tagesziele angeht.
Das Wetter ist am Morgen noch traumhaft als ich gegen 07:15 Uhr starte:
Der Hohe Sonnblick mit dem Zittelhaus und dem meterologischen Observatorium macht seinem Namen alle Ehre. Das Observatorium wurde maßgeblich vom Bergwerksbesitzer Rojacher gestiftet, nach dem auch die Rojacher Hütte auf halben Weg gen Zittelhaus benannt ist. Mit ihren 10 (zehn) Schlafplätzen ist es wohl die kleinste bewirtschaftete Hütte der (Ost-)Alpen.
Vor allen Dingen Gold wurde hier in der Goldberg-Gruppe abgebaut. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden hier im Tal wohl 10% der weltweiten Jahresfördermenge erbeutet und so manch einer hat sich da im wahrsten Sinne des Wortes eine goldene Nase verdient.
Damals waren die Berge bis an die 3.000 Meter gletscherfrei und durch ausgeklügelte Tunnelsysteme von den Unterkünften der Knappen zu den Stollen war sogar damals schon ein ganzjähriger Betrieb möglich.
Auf dem Weg zur Fraganter Scharte lassen sich viele Überreste des früheren Bergbaus bestaunen.
Bremsberg:
Immer wieder der Blick hinüber zum Hohen Sonnblick:
Knappenunterkunft und Abraumhalden:
Ein paar erste Wölkchen ziehen auf:
Schließlich ist nach 1,5 Stunden die Fraganter Scharte - und damit der höchste Punkt der Salzburg-Triest-Alpen-Überquerung - auf 2.754 Metern erreicht und es öffnet sich der Blick vom Hauptalpenkamm gen Süden auf die kümmerlichen Reste des Mölltaler Gletschers (einziges "Gletscher-Skigebiet" *lol* Kärntens) und der Speicherseen des Kraftwerksverbunds.
Eine Schattengestalt in der Folge am Übergang, der eigentlich erst nach 2,5 Stunden hätte erreicht werden sollen, aber von hier sollen es auch nur noch 2 Stunden zur Duisburger Hütte sein, am Schutzhaus Neubau war sie mit 5 Stunden ausgeschrieben. Ein Widerspruch nach dem anderen...
Egal wie: Ich gehe mal lieber weiter, mache mich umgehend in den Abstieg gen Hochwurtenspeicher.
Vor mir sehe ich Conny, die wohl gegen 06:30 Uhr gestartet war. Am Stausee habe ich sie eingeholt und wir gehen ein Stück zusammen.
Argumentativ kommt sie bald auch zum Schluß, daß Aufsteigen zur Duisburger Hütte und auf schlechteres Wetter zum Abstieg am Folgetag warten, wohl suboptimal in Anbetracht der Tageszeit (ca. 09:45 Uhr) und des aktuellen Wetters ist.
Zwischendurch kommen mal wieder solche kuscheligen Vierbeiner vorbei, die in der Regel eine Gemeinsamkeit mit Nürnberger Bratwürsten haben:
Nein, Nürnberger Bratwürste enthalten (natürlich) KEIN Lammfleisch, aber typischerweise treten beide in positiv ganzzahligen Vielfachen von drei auf.
Bestellte ein Preuße beispielsweise "vier Nürnberger Bratwürstchen" (nicht mit Fränkischen Bratwürsten - oder gar Coburgern - zu verwechseln !) in einem Lokal in der Fränkischen, so mag er als Antwort erhalten, "nimmsd drei oder wardsd bisde sechs derbaggsd ?".
Kurz vor dem Abschied noch eine Pose von der mittlerweile deutlich besser gelaunten Conny:
Was man mit Kleinigkeiten und ein paar ratschlagenden Beihilfen zur eigenen Entscheidungsfindung doch so alles bewirken kann ;-)
Sie wird jetzt jedenfalls gen Tal absteigen und ich habe mich entschieden, geradeaus über den Sadnig-Höhenweg weiter zu gehen.
Da habe ich ja von meiner Zentralalpenwegsbegehung (02er) von vor fünf Jahren noch eine Rechnung offen, als ich wegen schwerer Front-Gewitter bereits am Vormittag, den Notabstieg über die Gletscher-Fahrstraße wählte und im Anschluß (als es aufgehört hatte zu regnen) noch spontan zum Fraganter Schutzhaus aus dem Tal wieder aufgestiegen war: Tag 39/2017
Die angeschriebenen Zeiten zur bereits sichtbaren Saustellscharte und weiter zum Fraganter Schutzhaus kommen mir bei der Verabschiedung von Conny am Weißsee jedenfalls ziemlich übertrieben vor.
Na, schauen wir mal...
Apropos Schauen: Das habe ich natürlich auch nicht vergessen, denn ich bin ja nicht auf der Flucht. Ich schaue gen Nordosten, wo ich 2017 (Tag 38) von der Hagener Hütte mit dem Wirt der Duisburger im Nacken (und 1 * 3 Schafen auf Fuchsjagd !) über die Feldseescharte herüber kam:
Hinter der nächsten Biegung erwartet mich dann der Schwarzsee und dann sage mal noch einer, man solle nicht so Schwarz-Weiß-Denken...
Die Saustellscharte ist bereits nach einer Stunde (um 11:00 Uhr) erreicht (statt nach zweien, wie angegeben), im Aufstieg hatte ich schon bemerkt, daß jemand vor mir unterwegs ist und vom Übergang sieht man den nächsten mächtigen und (scheinbar) unüberwindlichen) Felsquerriegel:
Im Abstieg hole ich Jutta und Lena aus Berchtesgaden ein und die roten Bänder an den Rucksäcken sprechen schon eine eindeutige Sprache: Die beiden sind ebenfalls auf dem Weg nach Triest.
Bisher haben wir uns noch nicht getroffen, weil sie erst in einer Mördertour von St. Bartolomä am Königssee (nach Anlandung mit dem ersten Boot am Morgen) in einem Zug bis Maria Alm durchgegangen sind (Berchtesgadener Alpen kennen sie ja in- und auswendig), dann um 21:30 Uhr gerade noch so irgendwo Abendessen bekommen haben und nun seither etwas kürzere Etappen gehen. Sie kommen heute von der Duisburger Hütte und wollen auch zum Fraganter Schutzhaus.
Na, das werden wir doch schaffen, auch wenn die Wolken zunehmen und ich beim Schlendern durch die grünen Wiesen immer noch keinen Plan habe, wo bzw. wie es hier weitergehen soll...
Blick zurück gen Norden:
Der Sadnig-Höhenweg ist wirklich ein Traum und vor mir liegt die Antwort auf meine Frage: Einfach da hoch...
Ob da noch jemand ToDos offen hat oder ob da jemand kurz vor mir den Weg nochmal nachgearbeitet hat ?
Um 12:15 Uhr erreiche ich den Übergang am Ochsentrieb. Auf der anderen Seite geht es in Serpentinen einen Pfad hinab bis ins Grüne und am Weidezaun entlang bis hinüber und bergab zum Schobertörl:
Just als ich nach dem gröbsten Abstieg um 12:30 Uhr mal eine Pause mache, beginnt es zu regnen: Die Pause wird somit sehr kurz (Stärkung + Regen-Sicherheit herstellen) und durch 45 Minuten leichten Regen (der erste am insgesamt 41. Tag meiner Wanderung) steige ich weiter ab.
Über das Schobertörl war ich vor fünf Jahren von Ost nach West und weiter in Richtung Heiligenblut am Großglockner gegangen (Tag 40/2017).
Heute komme ich von Norden zu diesem Kreuzungspunkt.
Eine Viertelstunde vor der Hütte hört es auf zu regnen und so erreiche ich nach gerade mal sechs Stunden Gehzeit um 13:30 Uhr die Hütte.
Jetzt können aus meiner Sicht die angekündigten Gewitter oder auch die fünf Männer kommen...
Aber halt: Erst sollten sich Jutta und Lena mal noch in Sicherheit begeben (sie kommen 50 Minuten später auch gut an).
Der spätere Nachmittag, Abend und die Nacht wird immer wieder von Schauern oder auch mal Ausläufern von Gewittern geprägt.
Von Conny bekomme ich mit, daß dafür in Spittal an der Drau (im Tal !) die Welt untergeht.
Auf dem Fraganter Schutzhaus kann man es sich dagegen in aller Ruhe kulinarisch gut gehen lassen:
Die Wirtin liebt Kürbiskernöl und mag es trotz des Preises auch den Gästen nicht vorenthalten. Gesunde Einstellung. Danke ! Lecker !!
Gipfel/Übergänge:
- Fraganter Scharte (2.754m)
- Weißseehaus (2.381m)
- Saustellscharte (2.560m)
- Ochsentrieb (2.651m)
- Schobertörl (2.355m)
Begegnungen:
- Conny (eingeholt am Hochwurtenspeicher)
- Jutta + Lena aus Berchtesgaden
- 1 kleine Eidechse
Also der Bratwurstvergleich schreit (mähhhh) nach Rache. Warte mal bis so ein paar wollige Würstchen an dir knabbern...
AntwortenLöschenFinde Du am Ende der Welt erstmal so knuffige Wollknäuel ! - Von der Menge und der unterschiedlichen Musterung mal ganz zu schweigen ;-b
LöschenIch schaue heute mal, ob die kleinen Onkels von 2014 noch an ihrem Platz stehen oder ob Du damals bei Abfahrt doch welche eingepackt hast...
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