Dienstag, 28. Juni 2022

Tag 03: Etwas Verlust ist immer

Giazza - Passo Campogrosso
(18,0 km - 1.320 Hm auf - 660 Hm ab) 

Heute geht es "richtig" in die Berge.

Richtige Sportler gibt es hier augenscheinlich auch und nicht nur im Schwarzwald:

Lauter Verrückte - aber die Italiener sind ja bekannte Bergläufer (und eher weniger Berggeher).

Und zum diesjährigen 50. Jubiläum des E5 findet auch ein Staffellauf gen Verona statt. Na, hoffentlich laufen die mich nicht plötzlich über den Haufen:

Zuerst geht es für mich die Teerstraße kontinuierlich ansteigend gen Norden.

Zwischendrin kürzt ein Fußweg immer wieder Serpentinen-Ansammlungen auf dem direkten (Telefondraht-)Wege ab.

Und - ich traue meinen Augen kaum - es gibt sie noch ! Die richtigen Radler.

Man erkennt sie daran, daß sie kaum schneller als der Wanderer bergauf sind, daß sie Zeichen von Anstrengung zeigen und daß sie teilweise leicht schwanken und nicht wie am Schnürchen bergauf fliegen.

Und der jüngste ist DIESER (nun wirklich) ältere Herr jetzt auch nicht mehr.

Respekt !

Zwischenzeitlich verabschiedet sich der Wanderweg endgültig von der Straße (ersterer verläuft überwiegend rechts des Flußes; letztere dann nur noch links).

Bei der letzten Querung des (ausgetrockneten) Flußbettes überschreite ich auch die Grenze zwischen Veneto und Trentino.

Das ist wie in Deutschland an Bundesland- oder gar an Landkreis-Grenzen: Man wird deutlich (über Schilder) darauf hingewiesen, es wechselt der sog. Sachaufwandsträger und häufig damit auch der Ausbauzustand.

Hier kommt mir der Wechsel entgegen: Von betoniertem Steig geht es auf naturbetonen Wald-/Fels-Steig.  

Zunehmend gewinne ich im Talverlauf gen Norden an Höhe: Ich habe in dieser Hinsicht auch noch einiges "gut zu machen" - die Straße auf der anderen Seite zeigt noch ein deutlich höheres Niveau.

Aber, was will man von mir erwarten ? 

Die Hüttendichte ist hier wirklich enorm: Die dritte im Talverlauf ist erreicht (hier kreuzt übrigens der Fernwanderweg E7 - von Autobahnkreuz-Feeling ist aber nichts zu spüren ;-) und die vierte klebt gegenüber oben am Berg.

Meinen Nachfolgern sei übrigens statt dem B&B in Giazza die erste Hütte im weiteren Wegverlauf (ausgeschrieben mit ca. 80 min ab dem Ort) empfohlen.

Nun, ich muß mich jetzt entscheiden: Rechts geht es in ausgeschilderten 2,5 Stunden (direkt) zum Tagesziel Passo Campogrosso.

Es ist bedeckt, aber das Wetter scheint zu halten - im Gegensatz zu einem meiner Stöcke: der taffe Abstieg gestern hat mich augenscheinlich wohl eine Spitze gekostet und nun geht er quasi auf dem Zahnfleisch (Plastik). Aber besser Verschleiß/Verluste am Material als am Kerl.

Ich gehe - wie zu Hause geplant - einen kleinen Schlenker - genau dem E5 folgend und hoch zur Mosca-Scharte (danach kommen nach mehr als 1.200 Aufstiegsmetern am Stück die ersten Meter abwärts), wo ich auf den Sentiero della Pace (Friedensweg) stoße, dem ich die nächsten Tage grob folgen möchte.

Der Friedensweg hatte mich vor Jahren auch schon mal gereizt (700 km mit ein paar Bergen sind ja eine nette Größenordnung, wenn man nicht mehr der Jüngste ist), allerdings gab es damals keinen (aktuellen) Wanderführer und auch jenseits wenig (brauchbare) Infos. 

Somit ist die 2.000er-Marke und die Zeichen des Grauens von vor gut 100 Jahren erreicht.

Unerbittlich tobte hier der Gebirgskrieg zwischen Östereich und Italien und der Weg im Zeichen der (Friedens-)Taube zeichnet diesen Frontverlauf nach.

Typischer Steig auf der Bergrückseite, etwas unterhalb und somit vor feindlichem Feuer geschützt:

Ab und an findet man in den Fels geschlagene kleine Unterstände:

An der Bocchetta dei Fondi geht es dann RICHTIG steil bergab.

Die (symbolischen) Warnungen am Weg ignoriere ich lieber mal...

Aber da geht es schon runter...

Von etwas weiter unten sieht es schon gar nicht mehr so wild aus - sofern man den Weg überhaupt noch erkennen kann und nicht nur an den senkrechten Felswänden optisch hängen bleibt.

In den Schuhe extrem beanspruchenden Schuttreißen (da könnte man Gehern mit flachen Schuhen eigentlich nur Gamaschen empfehlen - zumindest wenn man hinterher nicht puhlen oder gar Schuhe ausleeren möchte) lasse ich zwei Damen passieren (wie ich später herausfinden werde: die Frau des Bergführers und eine Salzburgerin - letztere fährt (unglaublich ! ;-) lieber zurück).

Den aufkommenden Regen lasse ich mal wieder ignorierend an mir abprallen (mal sehen, wie lange diese E1-Strategie noch aufgeht...).

Blick zurück: Da bin ich runter gekommen ! 

E5-Erinnerung auf Italienisch an der Unterkunft:


2.000er Gipfel/Übergänge:

- Bocchetta Mosca (2.029m)

- Bocchetta dei Fondi (2.040m) (südlichster Punkt des Friedenswegs)


Begegnungen:

- 2 Murmeltiere

- Gruppe aus 6 Gämsen

- 1 Bayerischer Bergführer mit Frau, Schwägerin und zwei weiblichen Gästen aus dem Münchner Osten/Salzburg am Ende ihrer 4-Tagestour aus (Kletter-)Steigen


7 Kommentare:

  1. Den Schwarzwald Link musste ich mir natürlich auch noch gleich anschauen 😃👍👍

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Petra. Kürzlich gab es ja einen Bildervortrag dazu. Etwas im Süden. Naja, vielleicht kommt neben dem in Oberfranken angedachten ja doch noch einer in Mittelfranken dazu.
      Sonnige Grüße, K2.

      Löschen
    2. Gut zu wissen 👍

      Löschen
  2. Hoffentlich führt der Verschleiß am Material nicht zu einem Verschleiß am Kerl... ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Gehe jetzt sehr rechtslastig und laut Leki ist bereits in Salzburg Spitzentausch bei Händler möglich. Also nur noch ca. 4 Wochen durchhalten..
      K2.

      Löschen
  3. Bereits in Salzburg? Da hast den L2 ja schon hinter dir... Naja, dann hast für deinen anschließenden Spaziergang wieder mehr Grip ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, mein Backoffice hat die Dame von Leki auch recht belustigt gefragt, wie sie sich das mit der Thermobehandlung beim Fachhändler (nichts für Laien) unterwegs so vorstellt.
      Ja, und Italien wäre eh schlecht, aber Leki Austria wäre da voll aktiv...

      Löschen