Im Verlaufe dieses Tages sollen die Meinungen über Wasser und Wege deutlich auseinander gehen.
Aber Franken und Oberbayern haben ja zuweilen vielleicht nicht nur Kommunikations- oder Verständnis- (ich sage nur Nutzung der deutschen Sprache in Epilog 09 ;-), sondern partiell gar Ansichts-Diskrepanzen *lotfl*.
Aber der Reihe nach...
Der Tag sieht aus, wie vom Wetterbericht beschrieben: Tief hängende Wolken, feucht, ungemütlich.
Das erste Stück gen Osten gehe ich noch mit Jan zusammen, er geht heute aber den Drauradweg weiter und ich biege in die wenig genutzte Fahrstraße ab, die über viele Kilometer zu den Wölla-Kraftwerken führen soll.
Langsam gewinne ich an Höhe und kann schon bald auf die Wolkenfetzen (der ersten Schicht) hinabschauen:
Nach einer Weile bin ich im Wölla-Hochtal angelangt und es geht den Fluß entlang gen Süden und immer ganz leicht bergauf.
Aus den Wolken fällt mal mehr, mal weniger Nieselregen, der mich manchmal leicht durchnäßt, allerdings im Nachlassen bei gleicher Körperwärme dann auf der Haut und den Funktionsklamotten immer wieder trocknend verdunstet.
Irgendwann habe ich die wabernden Wolkenschichten, die im Aufstieg im Tal bzw. an den Bergflanken hängen, ob der trüben Endlichkeitsaussichten aufgehört zu zählen.
Am oberen kleinen Wölla-Speichersee der gleichnamigen Kraftwerks-Gruppe endet die Fahrstraße, ein Pfad beginnt und ich treffe auf Jutta und Lena aus Berchtesgaden (Oberbayern), die hier unter einem Baum augenscheinlich eine kleine Pause eingelegt hatten.
Nach 1.000 Aufstiegsmetern wird der Regen stärker. Nun ist es an mir, unter einem Baum eine kurze Stärkung ein zu nehmen und die Regensachen an zu ziehen, wobei die beiden Damen mich wieder passieren.
200 Höhenmeter höher, im Hochalmkessel der Staller Wölla auf gut 2.000 Metern ist der Spuk schon wieder vorbei: Der Regen hat aufgehört.
Aus dem Fenster eines der privaten Holz("wochenend")häuschen lugt Marianne aus der Nähe von Eferding und wir kommen ins Gespräch: Es gehört seit 1957 der Familie ihres Mannes (der uns mit Sohn und Enkelkindern zuvor entgegen kam und eine leere Gasflasche in der Kraxe auf dem Buckel hatte), über Generationen haben sie die Hütte hergerichtet und als Zufluchtsort im Urlaub genutzt. Vor Jahren stand mal ein Verkauf im Raum, aber das ist lange vom Tisch, wo die Hütte doch aktuell von drei Generationen gerne besucht wird.
Ein paar Hüttchen weiter treffe ich Lena und Jutta wieder:
Trockenlegen (Jutta war wohl RICHTIG naß gewesen) und kurz pausieren ist eine gute Idee. Immerhin werde ich den Anorak heute nur ein Mal an und hier jetzt eben wieder ausgezogen haben. Bei derartig instabilem Wetter eine ganz gute Quote.
Wir drei betreiben mal wieder Frog-Shifting (passend zum Wetter): Nun gehe ich wieder voran...
Der Kessel wird allerdings nicht nach rechts, sondern links an den Hütten vorbei, über Brücken verlassen, die nur "auf eigene Gefahr" benutzt werden dürfen.
Bei der zweiten Brücke ist die Gefahr schon ganz real: Die ist in der Mitte zusammengebrochen und hängt irgendwie noch über dem Bach. Aber sie trägt und wirkt auch in der komischen V-Form (mutmaßlich durch Schneebelastung verursacht) noch stabiler als manch augenscheinlich scheinbar völlig intakte (oder die A45-Brücke auf der Sauerlandlinie) ;-)
Nach der nächsten 100-Höhenmeter-Gelände-Stufe ist der Talschluß schon fast erreicht: Jede Menge Schafe (und ein paar Murmeltiere) tummeln sich an den unzähligen kleinen Seen, die Sonne kommt sogar mal raus (@Martina: jeder, wie er es verdient ? ;-b) und das letzte Steilanstiegsstück zum Übergang nach Südosten kommt in Sicht.
Nach fast 1.650 Aufstiegsmetern seit Stall erreiche ich das Glenktörl und damit für mich auf der Schlechtwettervariante den höchsten Punkt der Kreuzeck-Gruppe.
Daß es hier einen 5-tägigen Höhenweg gibt, hatte ich die Tage mitbekommen und mir mal für eine Schönwetter-Periode die komplette Begehung vorgemerkt, da die Salzburg-Triest-Route sowieso nur eine (sicherlich sehr schöne Etappe) zwischen Hugo-Gerbers- und Feldner-Hütte abgedeckt hätte. Es ist immer wieder schön, bei Planung und/oder Realisierung einer Tour schon wieder Anreize für weitere zu bekommen. Wie man weiß, bin ich ja ein fauler Kerl und so muß sich dieser dann einfach weniger Gedanken machen ;-)
So bin ich schließlich auch von München-Venedig auf den Pfunderer Höhenweg, die Rote Via Alpina und Wien-Nizza gekommen, was bekanntermaßen zu Graz-Monaco (ver-)führte, wobei ich durch die Mariazeller Pilgerwege (06er) und den Südalpenweg (03er) erst auf das Weitwanderwege-System Österreichs kam und mir deshalb das Herzstück, den Zentralalpenweg (02er) vorgenommen hatte, weil ich dessen Gletscher umgehen mußte, wurde mir der Osttirol-360°-Trail empfohlen, was just mit den vergessenen Wegen 11 und 12 zusammen zum 2020-Projekt wurde, was sich wegen Corona zum E1-DE-Spaziergang transfromierte, wo ich Hans traf und der L2 konkret wurde, weshalb ich quasi direkt in Salzburg zum aktuellen Epilog gen Triest landete. Total stringent logisch, oder ? :-)
Wer an dieser Stelle weiterdenkt, könnte auch schon Ideen für 2023 entwickeln...
Zurück ins hier und jetzt:
Über einen schmierig-glitschigen Pfad gilt es nun noch 300 Höhenmeter bis zum Tagesziel Feldnerhütte abzusteigen.
Dort erwartet mich einerseits ein übervoller und unter Wasser stehender "Trocken"raum, ein echt Berliner Hüttenwirt und eine illustre Truppe an Gästen, die den Höhenweg gen Westen gehen und wohl RICHTIG naß geworden sind (so mit Schlafsack und Geburtstagskarte durchweicht und so): Auf der Südseite der Kreuzeck-Gruppe hat es wohl richtig geschüttet und die Bäche sind so angeschwollen, daß die Mütter Angst um ihre Teenager-Töchter hatten.
Tja, in Oberbayern regnet es auch mehr als in Franken - wollte ich an dieser Stelle nur mal kurz erwähnen ;-)
Der 75-jährige Hüttenwirt Bruno betreibt die Hütte weniger zum Lebensunterhalt als zum Lebensinhalt.
Früher erfolgreicher Geschäftsmann (erst angestellt, später selbstständig), dann Geschäftsmann und Hüttenwirt, jetzt eben nur noch letzteres.
Mit 39 Schlafplätzen ist die Feldnerhütte zwar für die Kreuzeck-Gruppe groß, allerdings absolut eher als relativ klein zu bezeichnen und heute werden gerade mal 16 Gäste hier nächtigen.
Als bekennendes Milchmonster kann man hier im Nachhinein schlechtes Gewissen bekommen (insgesamt hatte ich VIER solche Pötte):
Wie Bruno erzählt, läßt er keine H-Milch, sondern Milchpulver hochfliegen. Dieses Jahr zahlte er für 3 kg 52 EUR. Daraus lassen sich z.B. 22 Liter Milch mit Fettanteil von 3,5% mischen. Jetzt kann jeder mal selbst rechnen, was der Liter Milch hier oben kostet...
Daß der Hüttenwirt ein echtes Original ist, zeigt sich auch bei der Runde Schnaps auf's Haus: Die beiden Teenager bekommen als Ersatz eine ganze Packung Kinderschokolade herbei gezaubert. Nachdem ich lieb frage, geben mir die beiden Mädels auch einen Riegel ab. Echt nett !
Die Rosenheim-Tirol-2,5-Familien-Connection nimmt mich gleich in ihre Mitte auf (und ich gestehe: ich habe Euch trotz (Chiemgau) und wegen (Inntal) Eurer Herkunft lieb !) und mit Boris (alleine ohne Familie unterwegs) und Carmen aus Bonn teile ich mir mit Rum flambierten Kaiserschmarrn.
Wir drei haben unter dem Dach auch die ca. 15 Lagerplätze ganz für uns.
Zur Nacht wird die beheizte Stube noch zum Großraumtrockenraum umfunktioniert - für die, die es (noch) nötig haben.
Und meine Schuhe kommen in der Küche auf den Ofen und waren am nächsten Morgen wirklich trocken...
Im Nachhinein bekomme ich denn sogar noch Gruppenfoto vom Anna-Schutzhaus (zwei Etappen weiter) zugestellt:
Danke für die nette Zeit !
Update: Nachdem jetzt quasi aus Traunreut auch schon Leserbriefe in Form von Beschwerde-SMS kamen, habe ich ja mal wieder den richtigen Ton getroffen *lol*
Dabei fahre ich dieses Jahr sogar über Silvester-Neujahr ins Chiemgau...
Übergänge/Gipfel:
- Staller Wölla (Almkessel) (2.033m)
- Glenktörl (2.457m)
- Feldnerhütte (2.186m)
Begegnungen:
- Jutta + Lena
- Marianne (auf Alm) aus der Eferdinger Gegend (OÖ)
- 2 Murmeltiere
- Bruno (Berliner Hüttenwirt - und Original - der Feldnerhütte)
- Martina und Familie (Helena wird am nächsten Tag 16) aus Rosenheim + Simone und Familie aus Absam/Tirol Kreuzeck-Höhenweg gen Westen
- Boris (Familienvater ohne Familie) auf Kreuzeck-Höhenweg gen Westen
- Carmen aus Bonn auf Kreuzeck-Höhenweg gen Westen, die danach noch zum Klettern nach Osttirol will
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